• 25.08.2025 | Sozialpsychologie

Vertrauen durch Mitgestalten? Was Partizipation in der Wissenschaftskommunikation mit Vertrauen in Wissenschaft zu tun hat

Partizipation gilt als vielversprechender Ansatz in der Wissenschaftskommunikation. Wenn Bürger:innen gemeinsam mit Forschenden Kommunikation gestalten, soll das Vertrauen in Wissenschaft gestärkt werden. Doch hält diese Idee, was sie verspricht? Eine aktuelle Studie schaut genauer hin und untersucht am Beispiel eines gemeinsam erstellten Online-Artikels, wie Beteiligung auf Vertrauen wirken kann. Dabei zeigt sich: Ihre Wirkung ist vielschichtiger, als vielleicht gedacht.

Vertrauen in Wissenschaft spielt vor allem dann eine Rolle, wenn wir wissenschaftliche Erkenntnisse in unsere Entscheidungen einbeziehen müssen; etwa bei Impfungen, beim Klimaschutz oder im Umgang mit antibiotikaresistenten Keimen. Gerade bei solchen komplexen Themen kommt es entscheidend darauf an, wie vertrauenswürdig Forschende wahrgenommen werden und wie glaubwürdig ihre Informationen erscheinen, damit wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden.

Aber was heißt es überhaupt, zu vertrauen?

In der Psychologie bedeutet Vertrauen, sich im Angesicht von Risiko verletzlich zu machen (Mayer et al., 1995). Wenn wir jemandem vertrauen, tun wir das auf Basis positiver Erwartungen an unser Gegenüber, obwohl wir keine Kontrolle über das Ergebnis haben. Übertragen auf Wissenschaftskommunikation heißt das: Wir vertrauen Forschenden, dass sie verlässliche Informationen liefern, obwohl uns oft das Fachwissen fehlt, um ihre Aussagen selbst zu überprüfen (Bromme & Goldman, 2014).

Aber dieses Vertrauen ist nicht blind. Es stützt sich auf unsere Einschätzung, wie vertrauenswürdig die Quelle wirkt – also ob sie weiß, wovon sie spricht ( Expertise), es gut mit der Gesellschaft meint (Benevolenz) und sich ehrlich sowie gerecht verhält (Integrität) (Hendriks et al., 2015). Diese Zuschreibungen von Expertise, Benevolenz und Integrität bilden gemeinsam das, was wir als Vertrauenswürdigkeit verstehen. Zusätzlich bewerten wir die Glaubwürdigkeit der Information selbst.

Partizipation als Instrument zur Vertrauensbildung?

In den letzten Jahren hat sich vermehrt die Frage gestellt, wie das Vertrauen in Wissenschaft gestärkt werden kann. Dabei ist wichtig zu beachten, dass unser Vertrauen in die Wissenschaft als Ganzes häufig davon abhängt, wie wir einzelne Forschende erleben, denn oft leiten wir unser Urteil über ein ganzes System aus den Erfahrungen mit seinen Vertreter:innen ab.

Vor diesem Hintergrund gelten partizipative und dialogorientierte Ansätze oft als vielversprechender Weg, um Vertrauen zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu stärken. Die Idee: Bürger:innen sollen nicht nur zuhören, sondern aktiv mitreden und mitgestalten. Partizipative Wissenschaftskommunikation wird deshalb oft als Goldstandard beschrieben, da sie sich anders als rein vermittlungsorientierte Ansätze stärker an den Bedürfnissen und Kompetenzen der Bevölkerung orientiert (Mede, 2022). Indem Bürger:innen selbst gefragt werden, was sie interessiert und wie sie Inhalte besser verstehen können, liegt die Hoffnung: Wer aktiv mitmacht, hat mehr Vertrauen. Doch wie Partizipation tatsächlich auf Vertrauen wirkt, ist eine empirische Frage.

Wir sind in einer experimentellen Studie (Momme et al., 2025)1 dieser Frage nachgegangen – am Beispiel der Mitgestaltung eines Online-Artikels über Antibiotikaresistenzen. Teilnehmende wurden zufällig in drei Gruppen unterteilt:

  • Aktive Partizipation:  In einem simulierten Designprozess über eine Online-Plattform trafen die Teilnehmenden zusammen mit einer fiktiven Wissenschaftlerin Entscheidungen zum Artikel - z.B. zu Titel, Textteilen oder Gestaltung. Ihre gewählten Optionen flossen dabei direkt in eine personalisierte Artikelversion ein.
  • Passive Partizipation: Sie erfuhren, dass andere Bürger:innen beteiligt waren, und erhielten eine kurze Dokumentation des Prozesses.
  • Keine Partizipation: Sie lasen den Artikel ohne Hinweis auf Beteiligung.

Die Teilnehmenden, die aktiv in die Gestaltung des Artikels einbezogen wurden, bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Wissenschaftlerin auch anders: Sie wurde als wohlwollender und integrer wahrgenommen als in den anderen Gruppen. Ihre Fachkompetenz und die Glaubwürdigkeit des Artikels hingegen wurden nicht anders eingeschätzt.

Ursprünglich hatten wir angenommen, dass Partizipation alle Dimensionen von Vertrauenswürdigkeit sowie die Glaubwürdigkeit beeinflussen würde. Die Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass sich aktive Mitgestaltung vor allem auf die Wahrnehmung von Integrität und Wohlwollen auswirkt. Einschätzungen von Expertise und Glaubwürdigkeit scheinen hingegen stabiler verankert zu sein und weniger sensitiv gegenüber der Art von Partizipation, die wir im Experiment ermöglichen konnten.

Ein weiteres interessantes Ergebnis: Der Hinweis, dass andere beteiligt waren, erhöhte die Bereitschaft, der Wissenschaftlerin zu vertrauen – die eigene aktive Beteiligung jedoch nicht. Eine mögliche Erklärung dafür wäre, dass Menschen sich an der Einschätzung anderer orientieren („Wenn andere dabei waren, wird sie wohl vertrauenswürdig sein“) (Cialdini & Goldstein, 2004). Diese soziale Validierung könnte auch in der Wissenschaftskommunikation Vertrauen stärken.

Die Wirkung von Partizipation hing außerdem davon ab, wie hoch die ursprüngliche Bereitschaft zur Beteiligung war. Teilnehmende mit geringerer Beteiligungsintention zeigten eine stärkere positive Veränderung als jene, die sich von Anfang an einbringen wollten. Dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen: Zum einen hatten diese Personen womöglich mehr „Luft nach oben“, während Teilnehmende mit hoher Bereitschaft bereits ein starkes Grundvertrauen in Wissenschaft mitbrachten. Zum anderen könnte das Ausmaß der Partizipation in der Studie für besonders engagierte Personen nicht ausreichend gewesen sein, sodass der Effekt bei ihnen geringer ausfiel.

Ob sich diese Effekte auch in anderen Kontexten zeigen, bleibt eine offene Frage für zukünftige Forschung. Dazu forschen wir im Kiel Science Communication Network weiter.

Fazit

Partizipation ist kein Selbstläufer – aber ein psychologischer Hebel mit Potenzial. Sie kann Vertrauen stärken, aber nicht jede Art der Beteiligung wirkt gleich, und nicht jeder Aspekt von Vertrauen in Wissenschaft wird durch Beteiligung gleichermaßen beeinflusst. Wirkung entfaltet Partizipation dort, wo sie nicht nur ermöglicht, sondern auch sichtbar gemacht und zielgruppengerecht gestaltet wird.

1Die Studie entstand im Rahmen des Kiel Science Communication Networks (KielSCN) und wurde von der Volkswagen-Stiftung gefördert.

Literaturverzeichnis

Bromme, R., & Goldman, S. R. (2014). The public’s bounded understanding of science. Educational Psychologist, 49(2), 59–69. https://doi.org/10.1080/00461520.2014.921572

Cialdini, R. B., & Goldstein, N. J. (2004). Social influence: Compliance and conformity. Annual Review of Psychology, 55(1), 591–621. https://doi.org/10.1146/annurev.psych.55.090902.142015

Hendriks, F., Kienhues, D., & Bromme, R. (2015). Measuring laypeople’s trust in experts in a digital age: The muenster epistemic trustworthiness inventory (METI). PLOS ONE, 10(10), e0139309. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0139309

Mede, N. G. (2022). Partizipative Wissenschaftskommunikation: Promises and Pitfalls. www.wissenschaftskommunikation.de.

Momme, J. M., Hendriks, F. & Enzingmüller, C. (2025). From participation to trust? Understanding trust dynamics in participatory science communication. Science Communication. https://doi.org/10.1177/10755470251333399

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